Unsere Recherchen folgen der Veröffentlichung eines Berichts der NGO Global Initiative Against Transnational Organized Crime (Globale Initiative gegen transnationales organisiertes Verbrechen) im April 2023. Er enthüllte den illegalen internationalen Handel mit lebenden Menschenaffen.
Laut diesem Bericht wächst die Zahl von Schimpansen-, Gorilla- und Bonobobabys, die an Zoos und als Haustiere an Privatpersonen verkauft werden. Wir haben uns für diese Folge von "Mit offenen Daten" auf den Handel mit Gorillas konzentriert, weil diese Primaten besonders gefährdet und vom internationalen Recht streng geschützt sind.
Mithilfe von Experten für illegalen Handel mit Wildtieren, Biologen, lokalen und internationalen NGOs sowie Verantwortlichen für die Erhaltung gefährdeter Arten konnten wir weitverzweigte Schmuggler-Netzwerke aufdecken. Die Kette der Beteiligten ist lang. Die Gorillas werden hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo und in Kamerun von Wilderern gefangen. Die Zwischenhändler sitzen vor allem in Libyen, Pakistan und im Nahen Osten. Sie stellen den Kontakt mit Käufern in aller Welt her.
Wir haben dabei entdeckt, dass Libyen eine der wichtigsten Drehscheiben für den illegalen Handel mit Wildtieren ist. Die Verkäufer verstecken sich nicht einmal, sondern stellen ihre Annoncen unverblümt in die Sozialen Netzwerke, allen voran Facebook und TikTok. Unsere Open-Source-Recherchen, also die Analyse ihrer Profile, Follower, Kommentare und Bilder, enthüllen ihre Rolle in der Lieferkette und die Abläufe in diesem schmutzigen Geschäft.
Tatsächliche Händler und Betrüger sind in diesem illegalen Milieu schwer zu trennen. Um sicherzustellen, dass die Personen, die online als Händler erscheinen, auch wirklich Händler sind und nicht etwa Scammer, mussten wir die Netzwerke infiltrieren. Dazu haben wir uns gegenüber mehreren Anbietern als potenzielle Käufer eines Gorilla-Babys ausgegeben.
Im Fall des jordanischen Händlers, zu dem wir recherchiert haben, verfügten wir anfangs nur über eine Handynummer. Um sicherzustellen, dass er tatsächlich Jordanier ist, wie die Vorwahlnummer vermuten ließ, haben wir die wenigen Bilder, die er auf Snapchat gestellt hatte, sorgfältig analysiert. In einem der Videos, in dem er sich singend in einem fahrenden Auto filmt, konnten wir ein Ladenschild identifizieren, an dem er vorbeifährt. Es handelt sich um den "Centro Store", und der einzige Laden auf der Welt, der diesen Namen trägt, befindet sich tatsächlich in der jordanischen Hauptstadt Amman.
Andere Fakten zu erwähnten Schmugglern konnten wir mithilfe der Suchfunktionen via E-Mail-Adresse oder Telefonnummer auf den Recherche-Plattformen OSINT Industries und Epieos überprüfen.
Quellen und nützliche Links:
- Die Webseite des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES), das den Handel mit Wildtieren in den 184 Unterzeichnerstaaten regelt: https://cites.org/eng
- Die Rote Liste der gefährdeten Arten der Internationalen Union für Naturschutz (IUCN): https://www.iucnredlist.org/
- Der Bericht der NGO Global Initiative Against Transnational Organized Crime zum illegalen internationalen Handel mit Primaten, "Empty forest - how politics, economics and corruption fuel live great ape trafficking", vom April 2023: https://globalinitiative.net/analysis/great-ape-trafficking/
- "Stolen Apes: The Illicit Trade in Chimpanzees, Gorillas, Bonobos and Orangutans", der Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), der schon 2013 den illegalen Handel mit Primaten anprangerte: https://wedocs.unep.org/handle/20.500.11822/32463
- "Wild animal 'pets' on social media, a vicious cycle of suffering', ein Bericht der Social Media Animal Cruelty Coalition (SMACC) vom November 2022, der zeigt, wie die Werbung für die Haltung von Wildtieren als Haustieren zum Tierleiden beiträgt: https://www.smaccoalition.com/wild-pets-report
- "The Growing Crisis of Great Ape Smuggling", ein Artikel der Pan Africa Sanctuary Alliance (PASA): https://pasa.org/awareness/great-ape-smuggling/
- Ein Artikel des afrikanischen Investigativ-Netzwerks Oxpeckers aus dem Jahr 2022 über den Primaten-Schmuggel in der Demokratischen Republik Kongo. Er erklärt, wie der internationale Handel mit lebenden Primaten-Babys mit dem illegalen Wildfleisch-Schmuggel zusammenhängt: https://oxpeckers.org/2022/05/drcs-great-ape-trade/
- Eine Aussendung vom 6. November 2023, in der Interpol feststellt, dass der Wildtier-Schmuggel mit einem geschätzten Jahresumsatz von 20 Milliarden Dollar zur wichtigsten illegalen Aktivität weltweit geworden ist: https://oxpeckers.org/2022/05/drcs-great-ape-trade/
- Ein "Werkzeugkasten" für Recherchen zum illegalen Handel mit Wildtieren auf der Webseite des Global Investigative Journalism Network, vom 24. Juni 2021 (französisch): https://gijn.org/fr/ressource/enqueter-sur-le-trafic-illegal-despeces-sauvages
Nähere Informationen zum mutmaßlichen Verkauf von Gorillas durch die Demokratische Republik Kongo an China im Jahr 2018:
Weitere Presseartikel zum illegalen Handel mit Primaten und anderen Wildtieren:
- Ein Artikel in The Guardian von 2011, in dem die kongolesische Regierung erklärt, sie stehe dem illegalen Handel mit Gorilla-Babys ohnmächtig gegenüber. Die Wilderer, so heißt es weiter, fordern bis zu 40 000 Dollar pro Tier: https://www.theguardian.com/environment/2011/oct/17/baby-gorillas-trafficking-increase-congo#:~:text=A%20surge%20in%20trafficking%20of,in%20an%20undercover%20sting%20operation
- 2017 deckte die BBC ein Schmuggler-Netzwerk auf, das insbesondere in der Elfenbeinküste mit Schimpansen-Babys handelte: https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-5e8c4bac-c236-4cd9-bacc-db96d733f6cf
- 2021 recherchierte Bellingcat zu Instagram-Influencern, die in Dubai für illegalen Wildtier-Handel werben: https://www.bellingcat.com/news/mena/2021/02/08/how-instagram-celebrities-promote-dubais-underground-animal-trade/
- Am 13. Mai 2023 veröffentlichte National Geographic einen Artikel mit dem Titel: "Afrikanische Primaten – vor aller Augen als Haustiere verkauft" (französisch): https://www.nationalgeographic.fr/animaux/les-grands-singes-dafrique-sont-vendus-comme-animaux-domestiques-dans-lindifference-generale
- Im September 2023 rief die UNESCO-Chefin, Audrey Azoulay, bei einem Besuch in Ruanda dazu auf, "die Bemühungen um den Schutz der Primaten zu verstärken": https://www.unesco.org/en/articles/visit-rwanda-audrey-azoulay-calls-greater-global-efforts-protect-great-apes
- Ein Interview von Sabrina Kief in Libération vom 4. Januar 2024. Die Primaten-Forscherin prangert darin den Wildtier-Schmuggel und seine Auswirkungen an: "Illegaler Handel mit Menschenaffen: In den letzten 50 Jahren sind 70 Prozent der Primaten verschwunden" (französisch): https://www.liberation.fr/environnement/trafic-de-singes-en-cinquante-ans-70-des-grands-singes-ont-disparu-20240104_VWA2KOVSUVEH7ASU2O4DAZN2WM/
- Anfang Dezember 2023 beschlagnahmten Zollbeamte am Flughafen von Lomé in Togo eine Ladung von 40 Primaten aus der Demokratischen Republik Kongo. Libération berichtet am 4. Januar 2024 über diesen großen Fang (französisch): https://www.liberation.fr/environnement/biodiversite/saisie-de-40-singes-au-togo-trafic-tragique-en-afrique-20240104_2T7BQNYZGJF2BNX7XSQ6OZW76I/